Calcium-Magnesium-Arsenate
aus Richelsdorf / Hessen
Seit meinen ersten Schritten auf dem Pfaden der Mineralogie gab es immer wieder Fundorte, die mich derart fasziniert haben, das sie mich fast um den Verstand gebracht habe. Richelsdorf ist so eine dieser Fundstellen. Schnorrer-Köhler veröffentlichte einst in der VfMG-Vereinszeitschrift "Der Aufschluß" einen Bericht über Richelsdorf. Ok, die Schlacken waren nett, aber eben Schlacken. Und die Erzmineralien hauten einen nun wirklich nicht um. Das änderte sich schlagartig als ich die Abhandlung über die Calcium-Magnesium-Arsenate las. Naja, ich bin eben Chemiker, also faszinierte mich das. Vor allem lag das aber an der Schönheit der Mineralien gepaart mit einer äußerst interessanten Chemie.

Die Jahre vergingen, aber keine Stufe wollte sich bei mir einstellen. Dann kam der Augenblick, als sich die Möglichkeit ergab, dort einmal selber zu sammeln...so ohne viel Licht, gebückt und klatschnass. Eine Schei..fundstelle, wären da nicht diese tollen Mineralien. Anders ausgedrückt: Ich verpackte die Dinger nach der Bergung höchst sorgfältig und begab mich auf dem Heimweg. Zwischendrin, also so alle 10m rempelte ich irgendwo an...ob das an der Überladung lag sei einmal dahin gestellt, und alle 50m lag ich auf dem Schabel. Erwähnte ich das mit der Schei..fundstelle schon. Als ich dann endlich wieder das Licht der Welt erblicken durfte, immer noch klatschnass, hechelnd wie ein Köter nach der Hasenjagd und völlig frustriert wegen der vielen Stöße die meine Schätze abbekommen haben, war ich auf dem Tiefpunkt angelangt. Das hat doch kein Pikro überlebt!

Das dumme Gesicht kam erst zuhause. Ich mach öfter mal ein dummes Gesicht, irgendwie hab ich mich aber daran gewöhnt. Als ich meine Brocken auspackte staunte ich nicht schlecht. Fast keine Beschädigungen, alles super gut erhalten.

Ich hätte die Biester auch in einem Eimer schmeissen und hinter mir herschleifen können, ich glaube die hätten das auch mitgemacht.

Nun könnte man meinen, das die Calcium-Magnesium-Arsenat-Paragenese eine Spezialität von Richelsdorf ist. Weit gefehlt!
Zwar ist diese Paragenese in Richelsdorf wunderbar und reich-haltig ausgebildet, doch leider ist diese Paragenese deutlich früher in einem anderen Bergbaurevier gefunden und untersucht worden.
Markirch, oder heute St.Marie aux Mines, also der berühmte Open-Air-Börsenort, ist die Heimstatt dieser Mineralien. Bereits um 1964 untersuchte der franz. Mineraloge Pierrot die Ca-Mg-Arsenate aus den Gruben um Markirch und entdeckte dabei einige neue Mineralien wie Fluckit, Phaunouxit und Rauenthalit.

Auch in den Gruben des Schwarzwaldes wurden immer wieder Stufen dieser Paragenese gefunden, so vor allem in der Grube Anton im Heubachtal.

Eine recht ergiebige Fundstelle waren auch die vielen Halden und Gruben im Erzgebirge. Hier traten die Minerealien vor allem in den Halden auf, denn die Suche nach Uran förderte alle uranfreien Primärerze auf die Halden. Dort konnten sich die Ca-Mg-Arsenate unter den ähnlichen Bedingungen bilden wie in Markirch oder Richelsdorf.

Eine wenig beachtete, aber vermutlich sehr reichhaltige aragenese muß es auch in der Plaka in Lavrion gegeben haben. Leider haben die Finder die Mineralien nicht erkannt und viel Material zerstört.

Hier war, wie in St.Marie aux Mines und in den erzgebirgischen Funden ged. Arsen der Hauptlieferant des Arsenat-Anions. In Richelsdorf hingegen ist der Skutterudit/Chloantit der Arsenat-Lieferant.

Zuletzt sei noch auf die neueren Funde in Marokko mit dem Vladimirit aus der Kobaltregion um Bou Azzer hingewiesen, wo ebenfalls Skutterudit/Chloanthit als Lieferant für das Arsenation angenommen werden muß (ged. Arsen ist hier fast unbekannt).

Interessant ist auch die Beobachtung, das obwohl Calcium für die Bildung der Arsenate notwendig ist, Calcit nicht in größeren Mengen anwesend sein darf. Das hat damit zu tun, das das Carbonat des Calcites die Lösungen zu stark neutralisieren würde. Tatsächlich ist aber eine gewisse Säurestärke notwendig um einerseits das Magnesium aus den Nebengesteinen zu lösen und andererseits die Verwitterung von Arseniden zu gewährleisten. Als Lieferant für das Arsen im Arsenat scheiden aber alle Fe-Arsenide mehr oder weniger aus, denn die Mineralien der Ca-Mg-Arsenat-Paragenese zeigten sich niemals in Gegenwart von Eisenmineralien.

Beobachtungen in Richelsdorf ergaben auch, das sich diese Mineralien nur in einem feuchten, aber niemals nassen Millieu bildeten. Ein feiner Feuchtigkeitsüberzug und eine ruhige ungestörte klimatische Umgebung ließen die Kristalle wachsen. wurde es zu feucht oder änderte sich das Klima zu oft und zu stark, unterblieb die Bildung der Kristalle bzw. die Ausbildung war erbärmlich.
Das ließ sich auch in den Haldenfunden aus dem Erzgebirge nachweisen. Nur in größer Tiefe der Halden kamen die Mineralien gut ausgebildet vor.

Auf der damals noch nicht planierten Halde des Schachtes 371 in Hartenstein lagerten einige Berge mit Arsen-Silber-Mineralisationen. Dies meisten blöcke waren außen weiß überkrustet, was auf die Bildung zerlaufener Ca-Mg-Arsenate hinwies. Erst in tieferen Lagen der Halden konnten dann schöne Exemplate der dort typischen Rösslerit-Haidingerit-Paragenese gefunden werden. Die anderen Mineralien waren hier höchst selten.




Pikropharmakolith, Wechselschacht Richelsdorf, Bildbreite ca. 14mm
Pikropharmakolith, Wechselschacht Richelsdorf, Bildbreite ca. 7mm
Pikropharmakolith, Wechselschacht Richelsdorf, Bildbreite ca. 14mm
Pikropharmakolith, Wechselschacht Richelsdorf, Bildbreite ca. 4mm
Sainfeldit, Schnepfenbusch, Richelsdorf, Bildbreite ca. 2mm
Pikropharmakolith Phaunouxit
Pharmakolith Rauenthalit
Guerinit Ferrarisit
Sainfeldit Weilit
Rösslerit Vladimirit
Hörnesit Irhtemit
   
   
Nicht aus Richelsdorf bekannt oder sicher bestimmt Andere Arsenate der Paragenese
  Roselith
Fluckit Erythrin
  Beta-Roselith
Nur ein paar Bilder als Appetit-Happen!
WICHTIGE ANMERKUNG: Viele Bilder sind von Stüfchen aus der Sammlung Döhnel von mir gemacht worden und dürfen hier freundlicherweise veröffentlicht werden. Immer wenn in der Bildbeschreibung Döhnel-xxx steht, weist die Nummer auf die Sammlungsnummer des Stüfchens in der Sammlung Döhnel hin!